Einfacher leben

27. Februar 2020 0 Von Eva Hoffmann

Ja, das klingt doch gut und einfach umsetzbar. Ist es aber nicht. Und ich beziehe mich jetzt nicht auf körperliches Gewicht, sondern seelisches.

Unser Junior hat vor Kurzem gelernt, den Zauberwürfel zu lösen. Er hat ihn in einem Laden stehen sehen und wollte ihn unbedingt haben. Dann hat er geflucht und gemeckert, weil er es nicht hinbekommen hat. Dann hat er sich ein Video im Internet gesucht, das die Lösung zeigt und er hat sich stundenlang davorgesetzt und geübt und geübt, bis er ihn hinbekommen hat. Sein momentaner Rekord liegt bei 1:26. Nicht schlecht für einen Achtjährigen, oder?
Und wir können so unendlich viel von einem Achtjährigen lernen!

Viele Leute tragen Päckchen mit sich rum, die niemand sieht, niemand sehen darf. Manche werden verschämt verborgen, andere komplett verdrängt, wieder andere vielleicht nur heimlich mal hervorgeholt und angeschaut, aber bloß nicht in der Öffentlichkeit.

Ich rede jetzt nicht von höchstpersönlichen Geheimnissen, die jeder hat. Die sollen bitte auch privat bleiben – und bleiben dürfen.
Ich rede hier von ganz anderen Sachen: Verletzungen, Depressionen, Meinungen, die anecken etc. Dinge, die dazu führen können, dass man vielleicht am Rand einer Gruppe steht und nicht sofort akzeptiert wird.

Beruflich habe ich viel mit Menschen zu tun, die z.B. unter psychischen Belastungen leiden. Da ist die Rede von Mobbing, von Depressionen, von psychosomatischen Problemen und und und. Und sehr viele dieser Menschen sprechen mit mir erstmals über alles.
Natürlich freut es mich, dass Menschen mir vertrauen und sich öffnen – aber es macht mich auch traurig. Warum war niemand vorher da zum Reden? Warum haben so viele Menschen offensichtlich niemanden zum Reden? Oder warum trauen so viele Menschen nicht, offen zu reden mit Partnern oder Freunden?

Letzteres fällt mir besonders auf. Da fallen dann Sätze wie: “Nein, DARÜBER kann ich mit meiner Frau nicht reden!” oder “Wenn er DAS wüsste – das gäb Ärger.”
Warum eigentlich?
Jeder von uns trägt Päckchen mit sich rum. Gescheiterte Beziehungen z.B. Die hinterlassen immer Narben. Und sie führen immer zu bestimmten Verhaltensweisen, die ein neuer Partner besser wissen sollte.
Oder Depressionen. Weiterleben mit einem “Geht schon!” oder “Stark bleiben!” hilft da nicht. Es ist eben nicht damit getan, regelmäßig spazieren zu gehen und “sich nicht so anzustellen”. Aufklärung tut Not. Unterstützung. Und gerade in einer Partnerschaft sollte es möglich sein, darüber zu reden, was gerade los ist. Über das Innerste eben.

Keine Bange – kein Mensch ist dazu verpflichtet, stundenlang täglich über alles zu grübeln und nichts anders mehr zu tun, als Introspektive zu halten. Aber warum sind so viele nicht wirklich ehrlich – zum Partner, den Eltern, den Kindern, den Nachbarn oder sonstwem?

Ein einfaches “Mir geht´s gerade nicht gut” ist manchmal der Anfang eines wirklich guten Gesprächs, das wirklich weiterhilft. Ein “Kannst du mir bitte helfen?” ist manchmal der Einstieg in ein ganz neues Miteinander.

Leute – seid ehrlich! Redet miteinander. Reden hilft!

Es lebt sich tatsächlich leichter, wenn man Probleme anpackt und nicht so tut, als wären sie nicht da. Probleme sind zum Lösen da! Wer immer nur auf sein Problem starrt, der verliert die möglichen Lösungsansätze völlig aus dem Blick. Deshalb: Leichter leben! Probleme anpacken und wirklich lösen. Und hier bemühe ich mal ein Wort, das ich sonst meide wie der Teufel da Weihwasser: “nachhaltig”. Wenn Probleme nachhaltig gelöst sind, dann tauchen sie nämlich nicht andauernd wieder auf, dann schwimmen sie nicht immerzu oben. Wenn es also eine Sorge, ein Problem, eine Herausforderung in deinem Leben gibt, das immerzu wiederkehrt und dich nicht in Ruhe lässt, ein Gedanke, der dich immerzu nachts wachhält, eine Angst, die immerzu wiederkommt, dann eben nur deshalb, weil sie NICHT nachhaltig gelöst wurde, sondern bestenfalls verdrängt, aufgeschoben, zugekleistert.

Leichter leben:

  • Probleme ansprechen und nicht verschweigen (“Ich schaff den Zauberwürfel nicht!”)
  • Lösungen suchen (“Da gibt´s jemanden, der das kann, DEM schau ich zu!”)
  • Lösungen umsetzen (Üben üben üben)

Wie das genau im Einzelfall aussieht ist immer unterschiedlich. Aber diese drei Punkte sind immer gleich. Nur den ersten Punkt angehen hilft nicht. Dann fängt man an, zu jammern und zu klagen und wird in letzter Konsequenz unausstehlich. Wenn man immerhin zum 2. Punkt weiterkommt aber dann da stehenbleibt, weiß man zwar, was man tun könnte, findet aber tausend Ausreden, weshalb das in meinem Fall nicht geht. Ausreden-Finder bleiben da stehen. Wer sich tatsächlich an den dritten Punkt wagt, wird schnell merken, wie leicht das Leben sein kann, und dass man einen Zauberwürfel tatsächlich lösen kann!

Also: Lebt leichter! 🙂